Namensgebung

Warum der Name „ehemalige Hindenburg-Kaserne“ bzw. das sperrige „Studentendorf ehemalige Hindenburgkaserne im Französischen Viertel“?

Das Studentendorf ist alt: Es entstand nach dem Abzug der französischen Truppen, nach einigen Hausbesetzungen und schließlich der Übernahme der Gebäude durch das Studentenwerk Tübingen AöR.
Bei der Gründung lautete die Adresse noch Reutlinger-Straße.
Das Studentendorf ist also älter als das heutige Französische Viertel. Heutzutage würde man vermutlich eher „Studierendendorf“ statt „Studentendorf“ als Namen wählen.

Die Bezeichnung „Französisches Viertel“ entstand erst später und wurde von der alteingesessenen studentischen Mehrheit nicht mitgetragen.
Tübingen hat die im Umfeld entstandenen Viertel um die ehemaligen Kasernen nicht konsequent umbenannt: Das „Loretto-Viertel“ und das „Thiepval-Areal“ tragen noch immer Namen, die auf kriegsverherrlichende Traditionen zurückgehen.
Nur der Name „Hindenburg-Kaserne“, der bis zur Befreiung durch die französischen Truppen bestand, wurde nicht weiterverwendet.
Der Name Paul von Hindenburgs galt als diskreditiert. Auch die ältere Bezeichnung „Burgholz-Kaserne“ wollte man nicht wieder aufgreifen. Stattdessen entschied man sich für den irreführenden Namen „Französisches Viertel“.

Die damaligen Bewohner des Studentendorfs wollten besonders betonen, dass die Kasernen in Tübingen nicht von fremden Mächten errichtet wurden: Es waren Tübinger Kasernen, geschaffen von innen heraus – inklusive Panzerstraßen und Schießständen.
Nicht die Franzosen hatten Tübingen militarisiert; vielmehr hatte Tübingen selbst ab 1874 eine unrühmliche Garnisonsgeschichte mit den drei Kasernen Thiepval, Loretto und Hindenburg.

Ziel des Namens „ehemalige Hindenburg-Kaserne“ ist es also nicht, Hindenburg zu ehren oder dem deutschen Militärwesen Anerkennung zu zollen, sondern mahnend auf die historischen Zusammenhänge hinzuweisen.

Das Studentendorf setzte sich 2007/ 2008 intensiv für die Benennung des Platzes zwischen Wankheimer-Täle und Landkutschersweg als „Platz des unbekannten Deserteurs“ ein.
Dieser Platz erinnert an Deserteure, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nur wenige hundert Meter entfernt vom heutigen Wohnheim exekutiert wurden.
Im Rahmen dieser Platzbenennung wurde nochmals deutlich, dass vielen nicht bewusst war, dass es sich bei den Kasernen um deutsche Einrichtungen handelte – und dass es daher fälschlich Verwunderung darüber gab, die Franzosen hätten in Tübingen Deserteure erschossen.